V838 Mon - Ein alter Ring und das Lichtecho

  Thorsten Lange, Bovenden

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Ringstrukturen und Lichtecho

Am 17.Februar entdeckten mehrere Beobachter eine Ringstruktur um den noch sehr hellen Stern V838 Mon, der Durchmesser betrug etwa 15 Bogensekunden. Bis zum 27.März stiegen der Durchmesser des Rings linear bis auf 27 Bogensekunden, ebenso die Helligkeit [6] (siehe Abbildung 3). Bis zum 3.Mai stieg der Durchmesser weiter auf 45'', wobei der Ring in Ost-West-Richtung elongiert gewesen sein und die Ringhelligkeit 10.5mag betragen haben soll [8]. Nur zwei Tage vorher zeigte sich erstmals ein zentrales Loch mit einem Durchmesser von 6''.

Die folgende Aufnahme des Materierings um V838 Mon gelang Arne Henden (USA) am 27.März 2002. Das Originalbild liegt im Internet unter der Adresse [13].

Diese 'Ausbreitung' des Rings beschreibt natürlich keine Expansion der Materiehülle. Vielmehr handelt es sich um ein Lichtecho: Das Licht des Zentralsterns breitet sich in alle Richtungen aus, ein Teil des Lichts trifft irgendwann auf der Erde ein und zeigt den Beginn des Ausbruchs an. Ein anderer Teil des Lichts breitet sich in der Ebene des Rings aus (wir vernachlässigen hier die Möglichkeit einer kugelförmigen Hülle), und wird schließlich von der Ringmaterie 'reflektiert' (das Lichtecho). Wenn dieses Licht den menschlichen Beobachter erreicht, hat es, gemessen vom Stern aus, einen längeren Weg zurückgelegt als das direkt ankommende Licht. Der Laufzeitunterschied beschreibt die Entfernung zwischen Stern und Ringmaterie.

Übrigens zeigte V838 Mon erst das bisher dritte beobachtete galaktische Lichtecho! Lichtechos waren bisher bekannt von den folgenden Sternen:

Am 30.April beobachtete das Hubble Space Telescope den Stern und fand ein sehr komplexes Lichtecho [9]. Der Stern ist demnach von mindestens elf konzentrischen Ringen oder Bögen umgeben, die bis zu einem Radius von 22 Bogensekunden reichen. Die deutliche Sichtbarkeit des Lichtechos zeigte, dass es sich um einen sehr lichtstarken Helligkeitsausbruch gehandelt haben mußte.

Der innere Bereich der Materiehülle erschien auf erdgebundenen Aufnahmen bis Ende April als leerer Bereich. Jetzt wurde aber klar, dass die Hülle vollständig gefüllt war, in den inneren Gebieten aber zu dünn und damit zu dunkel, um neben dem bis Anfang April noch sehr hellen Stern wahrgenommen zu werden.

Die Verbindung zwischen den Entdeckungen des Ringes und dem gleichzeitigen Verlauf der Helligkeitskurve und des Spektrums ist in Abbildung 5 hergestellt. Dabei wird die Ursache für das zentrale Helligkeitsloch klar: Durch den Helligkeitsabstieg gelangte ab Anfang April nicht mehr genug Licht in die Hülle, um diese sichtbar zu machen; die Dunkelheit des Zentralsterns breitete sich in seine Umgebung aus.

Wegen seiner Lage nahe des galaktischen Äquators (l=217.80, b=+1.05), also nur 13 pc oberhalb der Ebene) ist V838 Mon schon mehrfach bei Suchaktionen nach Emissionsobjekten ins Visier der Astronomen gekommen. Emissionslinien sind aber niemals gemessen worden, der Ring war also immer unsichtbar [5].

Berechnung der absoluten Systemausmaße (1. Ansatz)

[Nachtrag des Autors, Januar 2005:] Hier beschrieben wird ein einfacher Ansatz zur Berechnung der Ausmaße, der in den ersten Monaten des Ausbruchs von mir durchgeführt wurde. Er entspricht jedoch nicht der Wirklichkeit bzw. den Ergebnissen späterer Arbeiten.

Die Ausbreitung des Lichtechos kann man sich zunutze machen, um die Größe, den Aufbau und die Entfernung des Sternsystems direkt in absoluten Werten zu berechnen. Die Geschwindigkeit der Ausbreitung betrug zwischen dem Zeitpunkt der Entdeckung des Lichtechos im Februar und Anfang Mai 0.44'' pro Tag im Durchmesser.

Aufgrund der Laufzeit des Lichtes von Helligkeitsausbruch (hier angenommen für den 1.Januar) bis zur ersten Sichtbarkeit des Ringes folgt für diese Materie eine Entfernung von 8100 AE zum Stern. Das Maximum der Helligkeit und damit der dichteste Bereich des Ringes liegt in einer Entfernung von 14700 AE vom Stern. Eine visuelle Distanz von einer Bogensekunde entspricht im System V838 Mon mehr als der eintausendfachen Entfernung zwischen Sonne und Erde.

Die Entfernung zwischen der Erde und dem System V838 Mon folgt aus einfachen trigonometrischen Berechnungen zu 790 pc. Erste Abschätzungen zu Beginn des Ausbruchs hatten aufgrund interstellarer Absorbtionsbänder eine Entfernung von mindestens 3 kpc ergeben [10].

Des weiteren kann man unter der Annahme einer typischen Sternwindgeschwindigkeit von 15 km/s auf das Alter der Materiehülle schließen: Der zuerst sichtbare Bereich besteht demnach aus Materie, die vor 2500 Jahren vom Zentralstern ausgestoßen worden ist.

Bereits in frühen Phasen des diesjährigen Ausbruchs deutete das Spektrum auf eine Materiehülle um den Stern hin. Dabei handelt es sich um erst in jüngster Zeit ausgestoßene Materie.

Die folgende Abbildung stellt ein Modell des Systems V838 Mon dar. Die oberste Zeile gibt das Datum des Ausbruchs, des Entdeckungszeitpunktes des Lichtechos sowie seine Ausbreitung bis zum Helligkeitsmaximum an. Daneben steht die Zeitdifferenz in Tagen zum Ausbruch, also das Alter des Lichtes. In der zweiten Zeile stehen die in diesem Zeitraum vom Licht zurückgelegten Entfernungen. Zur besseren Orientierung ist ein Maßstab in Bogensekunden angegeben.

Ausbreitung des Lichtechos

Ein kleines Java-Applet von Jürgen Liesmann veranschaulicht mit einer Animation die Ausbreitung des Lichtechos und die Entstehung einer scheinbaren Überlichtgeschwindigkeit.

Hans-Günther Diederich hat die folgende Grafik über die Ausbreitung des Lichtechos erstellt:

Die weitere Ausbreitung des Lichtechos ist sehr schön auf den neuen Bildern zu sehen.

Bei einer Tagung in Seattle am 7.Januar 2003 präsentierten Howard E. Bond und seine Gruppe vom Space Telescope Science Institute neue Bildern des Lichtechos, die vom Hubble Space Telescope aufgenommen worden waren. Dabei sprachen sie aufgrund von Polarisationsmessungen und einer neuen Betrachtung der sich ändernden Geometrie des Lichtechos von einer Distanz von etwa 7 kpc.

Nach ihrem Artikel [20] beträgt die Entfernung des Systems mehr als 6 kpc. Der Berechnung liegt eine parabolische Betrachtung der Ausbreitung des Lichtechos zugrunde. Mit dieser Entfernung war V838 Mon zur Zeit seiner Maximalhelligkeit mit -9.6 Mag der hellste Stern in der Milchstraße.

Ein elliptisches Lichtecho

Von Hans-Günter Diederich, 02.05.2003

Durch eine HST-Aufnahme animiert kam ich auf die Idee, in einer meiner Aufnahmen von V838 Mon einen der äußeren Umrandung des Lichtechos folgenden Kreis einzuzeichnen. Ich stellte mit Überraschung folgendes fest:

(1) der "Kreis" ist eine Ellipse,
(2) V838 Mon befindet sich nicht in der Mitte der Ellipse, also am Schnittpunkt der blauen Großen und Kleinen Hauptachse, sondern etwas nach rechts versetzt (rotes Rechteck),
(3) die Ellipse weist eine Exzentrizität von 0,45 auf.

Diese Abweichungen vom Idealzustand - V838 Mon im Zentrum eines kreisförmigen Lichtechos - muss einen Grund haben. Vielleicht liegt die Erklärung darin, dass das Lichtecho nicht in einem homogenen staubgefüllten Medium entsteht, in dem sich der Veränderliche befindet, sondern sich V838 Mon hinter einer zur Sichtlinie geneigten staubigen Schicht. Das Auftreffen der Kugelschalen des Lichtechos fände in Abhängigkeit der Neigung dieser Schicht zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt, es müsste ein Kegelschnitt bzw. eine Ellipse entstehen. Dieses Szenario wäre dann wohl auch konsistent mit einer Ausdehnung des Lichtechos mit Überlichtgeschwindigkeit und mit einer größeren Entfernung, als sich unter Anwendung des o.g. "Idealzustandes" ergäbe.

Eine genauere Modellierung und die Präsentation mit einem animierten.gif sind mir leider nicht möglich. Unabhängig von diesem Mangel finde es aber hoch interessant, was dabei herauskommt, wenn man einfach mal nicht annimmt, dass das Lichtecho von V838 Mon per se kreisförmig ist.

Das folgende Bild zeigt eine Bewegung des Zentrums des Lichtechos innerhalb der vergangenen zwei Jahre:

Bewegung des Lichtzentrums

Von Hans-Günter Diederich, 16.05.2003

Nachdem mir in meiner letzten Aufnahme eine deutliche Abweichung vom Mittelpunkt des (äußeren) Lichtechos von V838 Mon aufgefallen war, wollte ich diesen Effekt genauer untersuchen. Die Überlagerung von zwei HST-Aufnahmen als Farbkomposit zeigt die verschiedenen Positionen der Mittelpunkte des Lichtechos, die sich beide deutlich von der Position des Zentralsterns unterscheiden. Bei den Geraden handelt es sich um Konstruktionslinien zur Bestimmung der Mittelpunkte. Mehrere HST-Aufnahmen (ausgedruckt bzw. am Monitor) wurden mit Lineal und Taschenrechner ausgewertet und weitere Parameter bestimmt. Diese sind hierunter aufgelistet.

Mit absoluter Positionsdifferenz meine ich den Unterschied in der Position vom Mittelpunkt des Lichtechos zur Position des Zentralsterns in Bogensekunden. Grundlage war dabei eine Karte der AAVSO. Als relative Positionsdifferenz wird die absolute Differenz durch den Durchmesser des Lichtechos geteilt. Beide Werte nehmen mit der Zeit zu. Trotz der geringen Genauigkeit ist diese Tendenz bei beiden Parametern eindeutig.

DatumPos.diff.,
absolut
Pos.diff.,
relativ
20.05.20020,7"0,01
02.09.20022,2"0,04
28.10.20022,1" 0,04
21.10.20037,5" 0,07
08.02.20048,2" 0,08

Im letzten Bild habe ich noch das "innere Lichtecho" ausgewertet, das besonders "daneben" liegt ...

DatumPos.diff.,
absolut
Pos.diff.,
relativ
08.02.20048,2" 0,08

Interessant wäre vielleicht noch die Elliptizität des Lichtechos. Zu Beginn war es (annähernd) kreisrund. Auf der letzten ausgewerteten Aufnahme vom 08.02.2004 gibt es Strukturen im (äußeren) Lichtecho, die es deutlich elliptisch erscheinen lassen. Auch das "innere Lichtecho" ist alles andere als kreisrund. Nach der Formel zur Bestimmung des E-Typs von elliptischen GX ergab sich ...

Datum Elliptizität
21.10.2003 0,75
08.02.2004 1,06
08.02.2004 0,79 (Echo innen)

Es gibt noch andere interessante Strukturen, so regelrechte "Wirbel". Diese qualitativ und quantativ zu fassen übersteigt aber im Augenblick meine Ressourcen.

Wie bereits oben erwähnt, sind die Werte aufgrund der zeichnerischen Ungenauigkeit alles andere als exakt. Wichtig erscheint mir die Tendenz einer stetigen Verlagerung des Mittelpunkts vom Lichtecho weg vom Zentralstern V838 Mon.

In (a2667) On the light echo in V838 Mon, Tylenda (2003) befinden sich ähnliche Daten. Ich trage diese Werte zusammen mit denen von mir bestimmten (grünen Quadrate) in ein Diagramm ein ...

Lt. dieser Arbeit spricht alles für das Modell einer zur Himmelebene geneigten Staubschicht zwischen uns und V838 Mon. Aber es war im letzten Jahr auch bereits Licht zu beobachten, dass hinter V838 Mon gestreut wurde. Außerdem sei die Oberfläche der auf unserer Seite befindlichen Staubschicht an ihrer zu uns gerichteten Oberseite keine perfekte Ebene, zudem auch entlang der N-S-Richtung gebogen. Aus der erkennbaren Geometrie der Staubschicht lässt sich auf einen Abstand zu V838 Mon von 5 kpc oder auch 10 kpc schließen. Die Neigung der Staubschicht beträgt demnach 16° bzw. 30°. Alles ist ziemlich ungenau. Und das wird noch einige Jahre so bleiben. Es befinden sich noch viel mehr Details in der Arbeit. Der Interessierte möge sich die Arbeit saugen und selber nachlesen.

Ich finde es interessant, dass mit einfachsten Mitteln (Lineal und Taschenrechner) solche Auswertungen durchgeführt werden können, zunächst an eigenen Aufnahmen (hier nicht gezeigt), und wenn diese nicht mehr ausreichen eben mit Aufnahmen des HST, die im Internet verfügbar sind. Ich möchte mit diesem Beitrag dazu ermuntern, die eigenen aber auch fremde Aufnahmen auf diese oder ähnliche Weise zunächst an eigenen Aufnahmen (hier nicht gezeigt), und wenn diese nicht mehr ausreichen eben mit Aufnahmen des HST, die im Internet verfügbar sind. Ich möchte mit diesem Beitrag dazu ermuntern, die eigenen aber auch fremde Aufnahmen auf diese oder ähnliche Weise auszuwerten. Das Lichtecho von V838 Mon bietet hierzu eine gute Gelegenheit.