Zur Einstiegsseite der BAV Homepage.
Zum Verzeichnis der BAV Rundbriefe

Über den pfleglichen Umgang mit Anfängern

Hans-Günter Diederich

Die BAV (VdS-FG "Veränderliche") wendet sich an ein weites Spektrum von beobachterischen Fähigkeiten und (technischen) Möglichkeiten. Diese reichen von "Astronomie-Anfänger - Auge - Wohnzimmer" bis "Fachastronom - Teleskop, CCD-Kamera - Namibia". Unsere Objekte sind als stellare Punktquellen einfach. Unsere FG vertritt innerhalb der VdS in großer Breite die Astrophysik. Dennoch fehlen uns neue, insbesondere junge Veränderlichen-Beobachter. Viele Sternfreunde halten Veränder- liche für langweilig: eigentlich ein doppelter Widerspruch.

Im Deepsky-Praxishandbuch steht: "Es fehlen die Veränderlichen Sterne. Obwohl im Deep-Sky angesiedelt, wurden sie bewußt herausgelassen. Dieses Arbeitsgebiet ist traditionell eigenständig." Dies ist eine zurückhaltende, freundliche Formulierung. Aus vielen Meinungsäußerungen ergibt sich dann folgendes Bild: In der BAV finden sich Sonderlinge zusammen, die langweilige Sterne beobachten. Das schreckt ab, da geht man zumindest als Anfänger, dem sich daneben die ganz Astronomie in ihrer interes-santen Vielfalt zu öffnen beginnt, nicht hin. Dort gibt es auch keine schönen Bilder, höchstens Millimeterpapier.

Gegen diese leider weit verbreitete Meinung könnten wir einiges unternehmen: Gastmitgliedschaften, V-Filter zum Ausleihen, gemeinsame Aktivitäten (Projekte und Tagungen) mit anderen FG, ein Astronomie-Praktikum "Sterne" (analog zur ent-sprechenden Initiative der AAVSO) u.v.m. Vieles davon erfordert Arbeitskapazität, die uns aber gerade fehlt, die wir ja durch solche Aktivitäten erst gewinnen wollen. Wie verlassen wir diesen Teufelskreis?

Sehr wichtig und sofort zu realisieren ist es, vermeidbare Fehler im Erstkontakt mit Anfängern und jugendlichen Anfängern zu unterlassen. Diese sind potenzielle Ver-änderlichenbeobachter und Neumitglieder. Viele von ihnen lernen gerade das weite Gebiet der Amateurastronomie kennen und auch sich selber, was davon für sie selbst geeignet sein könnte, wo sich mitarbeiten ließe, was von allem ihnen Freude und Erfolgserlebnisse bringen könnte.

In dieser Phase also trifft unser Anfänger (Negativbeispiel) auf einen Veränderlichen-beobachter, der durchblicken lässt oder offen erklärt, dass die Veränderlichenbeo-bachtung nur Sinn macht, wenn man sich einen Stern aussucht (oder sich aussuchen lässt) und diesen dann ein ganzes Leben lang beobachtet. Dieses vermittelt abstrakt formuliert die folgende Botschaft ...

Arbeit - Verpflichtung - Verzicht

... Verzicht nämlich auf die so verlockende übrige Astronomie, wo sich bereits mit allerersten einfachen Beobachtungen Erfolgserlebnisse ergeben und Anerkennung durch Alteingesessene (Zugehörigkeitsgefühl) zu erwarten ist. Und dann gibt es dort ja noch die schönen Bilder (multimediale Konkurrenz). Da bekommt der Anfänger einen großen Schreck, läßt die BAV und die Veränderlichenbeobachtung links liegen und wendet sich dem Rest der Amateur-Astronomie zu. Fortan pflegt er sein frisch erwor-benes Vorurteil und geht uns damit für mehrere Jahre (oder auf Dauer) verloren.

So dürfen wir uns also nicht verhalten, selbst wenn wir der oben skizzierten Meinung zuneigen sollten. Stattdessen sollten wir alles tun, den Interessenten anzulocken, zu halten, "anzufüttern", und erst danach beginnen, ihn mit dem Ernst der Veränder-lichenbeobachtung vertraut zu machen und ihn mit Wünschen, Erwartungen und Aufträgen zu belasten. Ich würde mich sehr freuen, wenn dies im individuellen Erstkontakt (Gespräch, eMail) aber auch allgemein in Mailinglisten und Veröffentlichungen beachtet würde. Das ist Psychologie (Einfühlungsvermögen), und Psychologie ist schwierig. Aber es würde sich für uns und die BAV lohnen.


Zur Einstiegsseite der BAV Homepage.
Zum Verzeichnis der BAV Rundbriefe