Rundbrief Verzeichnis

Aus der Sektion Eruptive: Aktivitäten im zweiten Quartal 2002

Im zweiten Quartal dieses Jahres ereigneten sich keine hellen Novae oder andere herausragende und helle Eruptionen, die von Beobachtern in Deutschland wahrgenommen werden konnten. Mit dem relativ zügigen Verschwinden der beiden noch mit kleineren Instrumenten sichtbaren Sterne V838 Mon und GK Per in der Abenddämmerung blieb den meisten Eruptivenbeobachtern ``nur noch'' der Blick auf die Standard-Eruptiven.

Die folgende Beschreibung der wichtigsten Ereignisse ist in chronologischer Reihenfolge vorgenommen.

V838 Mon

Die Aktivitäten dieses sehr eigentümlichen Sterns hielten bis nach Erscheinen des letzten Rundbriefes [1] an. Im April sank die Helligkeit bis auf 13mag, bevor der Stern im Mai in der Abenddämmerung verschwand. Ab Mitte April erschien der mehr als 20 Bogensekunden durchmessende Ring um V838 Mon heller als der Stern selbst.

Verschiedene Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, das es sich bei V838 Mon nicht um eine Nova handelte, sondern um einen Stern mit Ähnlichkeiten zu FG Sge, aber auch mit einigen Unterschieden. Eventuell handelt es sich bei V838 Mon um den hellsten Vertreter einer neuen Klasse astronomischer Objekte.

Details zu den Untersuchungen und Ergebnissen werde ich während der BAV Tagung in Osnabrück vortragen und in einem Artikel im nächsten Rundbrief beschreiben.

In den Tagen der Herausgabe dieses Rundbriefs wird V838 Mon wieder am Morgenhimmel sichtbar. Weitere Helligkeitsschätzungen sind ab August/September wünschenswert.

V2540 Oph

Über diese langsame Nova wurde bereits in [1] berichtet. Kurz nach dem damaligen Redaktionsschluß zeigte der Stern ein weiteres Maximum, das sich als bisher hellstes und längstes Ereignis erwies mit 8.4mag und einer Dauer von zehn Tagen. Nach einem weiteren kurzzeitigen Anstieg um knapp eine Größenklasse Mitte Mai zeigte die Lichtkurve (Abb. 1) seit Mitte Juni nach unten und erreichte Ende Juli 12mag.

Ende Juli berichteten Marc Bos (Neuseeland) und Tom Richards (Australien) im VSNET-ALERT 7444 von der Entdeckung einer periodischen Änderung mit einer Amplitude von 0.02mag und einer Periode von 2.4h oder 2.6h. Diese Perioden liegen nahe an der ``Periodenlücke'' kataklysmischer Veränderlicher, so daß der Stern auch für die Weiterentwicklung der theoretischen und physikalischen Betrachtung Eruptiver Sterne sehr interessant wird.

BAV Mitglieder beteiligten sich weiterhin aktiv an der Beobachtung des Sterns: Peter Enskonatus (7), Wolfgang Kriebel (14), Thorsten Lange (2), Dieter Süßmann (9) und Frank Vohla (26).

Abbildung 1: Die Nova 2002 Oph = V2540 Oph zeigt mindestens sieben Maxima und fällt nur langsam ab. Mit roten Quadraten sind die Helligkeitsschätzungen von BAV Mitgliedern gekennzeichnet, die Kreise kommen aus dem VSNET.

GK Per

Der Ausbruch dieser alten Nova wurde ebenfalls bereits im letzten Rundbrief angesprochen [1]. Ungefähr zur Zeit des damaligen Redaktionsschlusses erreichte der Ausbruch am 6.April seine maximale Helligkeit von 10.5mag. Während des Abstiegs, der zeitweilig mit mehr als 0.1mag pro Tag vonstatten ging, konnte weiterhin eine Periode von 0.0525 Tagen nachgewiesen werden. Bedauerlicherweise verschwand GK Per vor Erreichen der Normalhelligkeit in der Abenddämmerung, wie die Lichtkurve in Abb. 2 zeigt.

BAV Mitglieder führten insgesamt 29 Beobachtungen durch: Jan Gensler (1), Günther Krisch (5), Wolfgang Kriebel (17) und Harald Marx (6).

Abbildung 2: Die Lichtkurve stellt den diesjährigen Ausbruch von GK Per dar. Mit roten Quadraten sind die Helligkeitsschätzungen von BAV Mitgliedern gekennzeichnet, die übrigen Werte stammen aus dem VSNET.

KS UMa

Diese Zwergnova vom Typ SU UMa zeigte am 5.April einen ihrer seltenen Super-Ausbrüche. Bei einer Ruhehelligkeit von etwa 16mag erreichte der Stern für zehn Tage ein Maximum von 12.5mag. Wolfgang Kriebel konnte in drei Nächten den Ausbruch verfolgen.

V4741 Sgr / Nova Sgr 2002

Am 15.April entdeckte W. Liller eine Nova im Sternbild des Schützen, die für deutsche Beobachter leider zu weit südlich lag. Die Helligkeit erreichte 9.2mag und fiel dann mit einer Rate von $t_3 = 15$ Tage ab. Nach dem Spektrum gehörte die Nova zur Fe II-Klasse.

IY UMa

Diese Zwergnova vom Typ SU UMa zeigte am 7.Mai einen ihrer seltenen Ausbrüche auf diesmal 13.6mag. Nach dreizehn Tagen war die Helligkeit wieder unter 15mag gesunken. Beobachter berichteten im VSNET von hochaufgelösten Lichtkurven, die deutliche Superbuckel sowie Bedeckungen mit einer Tiefe von 0.7mag zeigten. Die Superbuckelperiode betrug 0.07643 Tage.

Wolfgang Kriebel gehört zu den regelmäßigen Beobachtern dieses Sterns und konnte den Stern während des Ausbruchs in sechs Nächten sehen. Jochen Pietz beteiligte sich mit zeitlich hochaufgelösten Helligkeitsmessungen an der Untersuchung von IY UMa.

V844 Her

Am 19.Mai zeigte dieser SU UMa-Stern mit der kurzen Periode von 0.05592 Tagen seinen ersten Ausbruch seit September 2001. Die Helligkeit erreichte 12.4mag und sank innerhalb von zwölf Tagen wieder unter 15mag. Wolfgang Kriebel gelangen zwei positive Beobachtungen.

V4641 Sgr

Bei diesem Stern handelt es sich um einen Mikroquasar (Röntgennova). Vermutlich kommen Röntgenstrahlung und optische Emissionen aus einer Akkretionsscheibe um einen Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch.

Im Mai zeigte V4641 Sgr einen Ausbruch auf 11.5mag. Beobachter stellten dabei starke Oszillationen der Helligkeit fest, die sich zeitweilig um bis zu einer halben Größenklasse innerhalb von wenigen Minuten änderte. CCD-Beobachter berichteten sogar von Schwierigkeiten, eine durchgängige Lichtkurve bei Belichtungszeiten von einer Sekunde aufzunehmen, und forderten kontinuierliche Aufnahmeserien mit mindestens fünf Bildern pro Sekunde!

Auf einer Zeitskala von einem Tag schwankte die Helligkeit im Bereich von 11.5 bis 13.0mag. Die hellsten visuellen Schätzungen erfolgten in der Nacht vom 23. auf den 24.Mai. Am Abend desselben Tages meldeten CCD-Beobachter sogar 10.2mag als Maximum eines Flares!

Zeitgleich mit dem visuellen Ausbruch konnten Röntgensatelliten ebenfalls Aktivitäten nachweisen. Der Röntgenausbruch ereignete sich vermutlich kurze Zeit vor dem visuellen Ausbruch. Die chaotischen schnellen Oszillationen zeigten sich auch im hochenergetischen Spektralbereich. Am 24.Mai stieg der Radiofluß stark an.

Innerhalb weniger Tage fiel die Helligkeit auf 13.5mag. Das System zeigte dabei nur noch vereinzelte Flares. Der Übergang von der chaotischen zur ruhigen Phase erfolgte bemerkenswerterweise plötzlich und unerwartet!

Bis Ende Juli blieb die Helligkeit weitgehend konstant, lag aber noch über der normalen Ruhehelligkeit. Dabei konnten Superbuckel mit einer Höhe von 0.4mag gemessen werden. Um den 4.Mai gab es kurzzeitig leicht chaotische Schwankungen. Am 7.Juli erschienen plötzlich Flares bis zu 1.0mag, wobei der Anstieg beim höchsten gemessenen Flare nur 30 Sekunden dauerte!

Eine interessante Untersuchung erfolgte durch Jerome A. Orosz (siehe VSNET-CAMPAIGN-V4641SGR 86): Die Kombination von der hochaufgelösten Lichtkurve mit Radialgeschwindigkeitsmessungen führte auf Ephemeriden für das Doppelsternsystem. Als Epoche gilt die maximale Radialgeschwindigkeit des B-Sterns.

$ 2\,452\,002.385 \pm 0.0050 + n ( 2.81737 \pm 0.00005 )$

Abbildung 3: Die Lichtkurve stellt den diesjährigen Ausbruch von V4641 Sgr dar. Alle Helligkeitsschätzungen stammen aus dem VSNET.

Abbildung 4: Hans-Günter Diederich nahm dieses Bild von V4641 Sgr mit ST-9E ohne Filter am 8.4.2002 um 12:01:27 UT auf, d.h. vor Beginn des Ausbruchs. Die Helligkeit bestimmten Wolfgang Grimm und Herr Diederich zu 15.9mag.

FG Sge

Dieser ungewöhnliche Eruptive begann im April des vergangenen Jahres einen Helligkeitsabfall bis auf 16mag. Nach Beendigung der Sichtbarkeitslücke im April konnten mehrere Beobachter einen Anstieg bis auf 13mag feststellen. Anfang Juni jedoch entschied sich der Stern zu einer Umkehr und fiel bis Ende Juli wieder auf 15mag.

Eine erfolgreiche Observation ist für die meisten BAVer vorerst wohl nicht möglich. Wie die CCD-Aufnahme in Abbildung 5 von Danny Scharnhorst zeigt, muß man bei der Identifikation von FG Sge sehr vorsichtig sein: Auf der aktuellen d-Karte der AAVSO fehlt ein sehr naher Stern (vermutlich variabel, um 12.3mag, etwa 8'' von FG Sge entfernt). Dieser zu Fehlidentifikationen führende Stern ist lediglich auf der e-Karte verzeichnet.

Abbildung 5: Danny Scharnhorst nahm dieses Bild von der Umgebung des Sterns FG Sge mit einer SBIG CCD-Kamera am 28.7.2002 auf. FG Sge selbst ist auf der Aufnahme nicht zu erkennen und müßte ungefähr auf dem Kreis rechts vom markierten Stern liegen.

CH Cyg

Seit Jahresbeginn lag dieser bekannte Eruptive relativ konstant bei 8.0mag. Ende April setzte ein Helligkeitsabfall ein, der im Juni für mehrere Wochen ein Minimum von 8.8mag erreichte. Im Juli wurde der Stern wieder heller. Eine weitere Verfolgung von CH Cyg ist für die zahlreichen an diesem Stern aktiven BAV Mitglieder notwendig.

Ausblick auf DO Dra

Bis vor einigen Jahren galt DO Dra als UG-Stern mit mehrjährigen Ausbruchsintervallen. In den letzten Jahren zeigte er allerdings in jedem Herbst einen Ausbruch von fünf bis zehn Tagen Dauer. Die durchschnittliche ``Periode'' scheint also bei etwa einem Jahr zu liegen (siehe [2] und [3]). Daher ist eine Überwachung des Sterns in den nächsten Monaten dringend erforderlich! Eine Aufsuchkarte gibt es in [3].


Literatur

1
THORSTEN LANGE: Aus der Sektion Eruptive, BAV Rundbrief Nr. 2(2002), Seite 84ff

2
THORSTEN LANGE: Aus der Sektion Eruptive: Sommernovae, BAV Rundbrief Nr. 4(2001), Seite 194ff

3
THORSTEN LANGE: Der Häufige und der Seltene: Die Eruptiven RX And und DO Dra, BAV Rundbrief Nr. 3(2001), Seite 138ff
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