Rundbrief Verzeichnis

Das BAV-Veränderlichen-Beobachter-Treffen 2002 in Hartha

Seit nun 30 Jahren ist die Bruno-H.-Bürgel-Sternwarte in Hartha, Krs. Döbeln in Sachsen an einem Samstag im Mai jeden Jahres der Ort zum Gedankenaustausch über Veränderliche. Es war im Anfang das Jahrestreffen des 1972 durch die Initiative von Herrn Helmut Busch gegründeten "Arbeitskreises Veränderliche im Kulturbund der Deutschen Demokratischen Republik" (AKV). Die Veränderlichenbeobachter der DDR kamen zum Austausch von Beobachtungsergebnissen und zur Gestaltung von Arbeitsprogrammen zusammen. Nach der Vereinigung Deutschlands ging der AKV 1992 in der BAV auf. Herr Busch betreut seither im alle Veränderlichentypen umfassenden BAV-Programm den Bereich der Bedeckungsver-änderlichen. Hartha bleibt für uns der zentrale, leicht erreichbare Ort in Deutschland, um in familiärer Atmosphäre nicht nur den Gedankenaustausch zu pflegen, sondern auch program- matische Entwicklungen zu fördern.

Am Ort ist Herr Busch weiter bei Veränderlichen-Treffen Mittelpunkt, auch wenn im echten Wortsinn seine 1956 errichtete Sternwarte nun von einem Verein getragen wird. So nahmen dieses Jahr zwei Leipziger Sonnenbeobachter aufgrund unserer Ankündigung in SuW das BAV-Treffen zum Anlass, ihren Lehrmeister im Bereich Astronomie selbst zu begrüßen und die Sternwarte wiederzusehen.

Die aus größerer Entfernung angereisten BAVer - von Rostock bis Karlsruhe - trafen sich bereits am Vorabend im gemeinschaftlichen Hotel zur Klärung organisatorischer Fragen und Besprechung von Details zu Projekten der BAV.

Am folgenden Tag war der Vortragssaal der Sternwarte mit 25 Teilnehmern wie immer gut gefüllt mit 17! Teilnehmern aus der Region, wobei AKVer , wenn man das nun überhaupt noch so zählen kann, aus der engen alten Verbindung dominierten. Für uns ist dies ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen alten und neuen Bundesländern.

H. Busch bot sich nach der Eröffnung des Treffens anlässlich von "30 Jahre AKV" die Gelegenheit, die Veränderlichen-Beobachtung in Hartha von seinen persönlichen Anfängen in der engen Zusammenarbeit mit Sonneberg und einigen "Anekdoten" aus DDR-Zeiten bis zur Gegenwart der BAV vorzustellen.

P.Kroll gab außerplanmäßig einen aktuellen Überblick zur Lage der Sternwarte in Sonneberg. Wenn auch das DIVA-Projekt nach Baden-Württemberg verlagert wurde, geht dank einiger Sponsoren am Ort die Arbeit der Sternwarte in näher beschriebenen Details weiter. Fühler zu GAVO (German Astrophysical Virtual Observatory) und zur DFG wurden ausgestreckt.

A.Viertel brachte eine Nachlese zu OW Gem, dessen beobachtbares Minimum bei einer fast vierjährigen Periode Ende 2001 lag, u.a. mit einem Rückblick auf die Beobachtungen ab1992 seit seiner unmittelbar vorangegangenen Entdeckung.

Ein "Ausflug" galt RW Gem, der visuell eine Amplitude von rd. 1,5 mag hat; aber mit CCD sind es nur rd. 0,4 mag! Nanu? Die Ursache liegt darin, dass ein orangefarbiger Stern einen weißen bedeckt: Der rotempfindliche CCD-chip sieht nicht mehr Amplitude. Im visuell kaum zugänglichen Nebenminimum sollte es dagegen mit CCD viel mehr sein.

H. Buschs tabellarische Zusammenstellungen befassten sich mit lange nicht mehr beobachteten Bedeckungsveränderlichen und regten zur Beobachtung an.

G. Petter zeigte anhand seiner CCD-Beobachtungen, dass W UMa als Namensgeber seines Sterntypes in der Literatur mit einer gleichförmigen Lichtkurve und fast gleich tiefen Minima nicht ganz stimmt: Das deutlich tiefere Hauptminimum hat eine konstante Phase von immerhin 20-25 min. Eine Deutung hierfür steht noch aus. Lichtkurven, insbesondere deren Feinstruktur sind also weiterhin hoch interessant.

Beim gemeinschaftlichen Mittagessen und der noch anschließenden Pause gab es Gelegenheiten mit den Samstagteilnehmern zu sprechen und sonstige Fragen zu vertiefen.

B. Hassforther zeigte mit vorzüglicher Bildführung VY CMa als einen rund 8.5 hellen roten Stern in einer H-II-Region mit ausreichender Helligkeitsvariation und so langer Periode, dass die nur jährlichen Winterbeobachtungen zur Verfolgung des Lichtwechsels ausreichen. Bestechend an diesem Vortrag war die Bebilderung, die einen "Deep-Sky-Fan" eigentlich völlig für die Veränderlichenbeobachtung einnehmen sollte.

H. Goldhahn beschäftigte sich sodann mit Sprüngen in der Helligkeitsentwicklung von Mirasternen. Überdurchschnittliche Helligkeitsentwicklungen über mehrere Tage mit bis zu einer Größenklasse wurden seit 1991 herausgefunden. Häufig erkannt wurden solche Entwicklungen im Bereich der Minima. Erklärungsversuche gibt es vielfältig, doch die Ursachen sind insgesamt noch unklar.

B. Hassforther zeigte zum Thema "Wie sinnvoll sind visuelle Beobachtungen" spezielle visuelle Ergebnisse an Veränderlichen sehr unterschiedlichen Sterntyps mit ggf. recht geringen Amplituden durch die Beobachter E. Born (BAV) und S. Otero (Argentinien). Beiden Beobachtern gelingt es, mit Zuhilfenahme von mehr als zwei Vergleichssternen und durch eine ausgefeilte Beobachtungstechnik auch sehr geringe Helligkeitsunterschiede zu erfassen.

W. Braune rückte zur Frage der Arbeit mit der amerikanischen AAVSO einige uralte Voreingenommenheiten in den Bereich der Gegenwart: Wenn es in der Vergangenheit nicht richtig funktionierte und daher der AFOEV (Frankreich) der Vorzug bei der Datenbank- nutzung gegeben wurde, war das sicher richtig. Zwangsläufig wurde es mit der AAVSO aber nicht mehr probiert. Die Weiterentwicklung der AAVSO gibt aber Anlass, die Zusammen- arbeit in einem anderen Licht zu sehen. Die wichtige wissenschaftliche Nutzung der Beobachtungsdaten gibt es nur über die AAVSO. Sie hat ihre Hinwendung zu Europa seit Jahren mit hiesigen Tagungen vollzogen, kommen doch weit mehr Beobachtungen aus dieser Region als aus den USA.

Für den BAV-Vorstand, der z.Z. nur aus zwei Personen besteht, war das Treffen Anlass, im Kreis der versammelten BAVer die Frage eines neuen 1. Vorsitzenden zu klären. Als Ergebnis gab es leider keinen Kandidaten, so dass wir bis zur Mitgliederversammlung im Herbst dies Thema weiter verschieben mussten.

R. Meyer zeigte abschließend eigene visuelle Beobachtungen an HP Lyrae, einem mit rd. 140 Tagen sehr langperiodischen ß-Lyrae-Stern, der etwa 1960 einen rätselhaften starken Periodensprung hatte. Die visuelle Beobachtung ist schwierig. CCD-Beobachtungen sind sehr gefragt., um ggf. Klarheit zu bringen. In der Diskussion wurde auf notwendige Spektren zur exakten Typenbestimmung hingewiesen.

Nach diesem zusätzlichen Vortrag war das Zeitlimit der Tagung erreicht. Mit Dankesworten an die Veranstalter und dem Ausblick auf unsere BAV-Tagung im September in Osnabrück konnte bis zum nächsten Jahr in schöner frühlingshafter Landschaft ein neues Hartha-Treffen in Aussicht genommen werden.

Werner Braune, BAV, Munsterdamm 90, 12169 Berlin, E-Mail braune.bav@t-online.de

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