Rundbrief Verzeichnis

Aus der Sektion Eruptive:
Aktivitäten im ersten Quartal 2002

Im vergangenen Sommer konnten die Beobachter eruptiver Sterne eine große Anzahl besonderer Ereignisse verfolgen. Stellvertretend sei hier an WZ Sge sowie mehrere helle und zeitnahe Novae in den Sternbildern Schwan und Schütze erinnert. Wer nun an einen ruhigen und von "Standardbeobachtungen" geprägten Winter dachte, der wurde vom Monat Januar eines Besseren belehrt und mußte erneut aktiv werden, um eine Reihe interessanter und seltener Ausbrüche zu verfolgen.

V838 Mon

Auf den bereits im letzten Rundbrief als "Neujahrsstern" vorgestellten HV Vir folgte am 9.Januar der Stern GSC 4822.39, dessen Aufsuch- und Vergleichssternkarte ebenfalls bereits im letzten Rundbrief erschien und der vor dem Ausbruch eine Helligkeit von 16mag aufwies.

Wenige Tage nach Entdeckung des Ausbruchs auf 9.0mag, also während der Veröffentlichung des letzten Rundbriefes, fiel die Helligkeit bereits wieder auf 10.3mag und anschließend mit langsamer Rate weiter bis auf 11.0mag am 1.Februar. Zwar ließ sich bis zu diesem Tag keine eindeutige Typenbeschreibung abgeben, aber die Lichtkurve selbst verlief unspektakulär und eigentlich wie eine Nova mit langsamem Helligkeitsabfall.

Dann kam der 2.Februar, und die verwunderten Beobachter konnten quasi life das Ansteigen der Helligkeit bis auf etwa 6.8mag verfolgen. Innerhalb von kaum mehr als 24 Stunden stieg der Stern um 2.7mag (die MEDUZA-Gruppe in Brno, Tschechei, maß über 3.6 Stunden eine Rate von 2.37mag/Tag). Alarmiert durch EMails aus dem VSNET konnten auch mehrere Mitglieder der BAV zumindest das Ende des Ausbruchs verfolgen. Spektroskopische Messungen zeigten starke H-alpha-Emissionen, ein mit der Zeit stärker werdendes P Cyg-Profil sowie ein noch immer an einen K-Stern erinnerndes Kontinuum. Die Stärke diffuser interstellarer Bänder legt eine minimale Entfernung von drei Kiloparsec zwischen V838 Mon und der Sonne fest (IAUC 7812).

Nach dem Maximum am 6.Februar fiel die Helligkeit bis zum Monatsende wieder auf 8.4mag ab. Parallel dazu nahm die H-alpha-Aktivität ab, während die Profilbreite anwuchs. Ab Mitte Februar konnten im Spektrum Absorbtionslinien nachgewiesen werden, die typisch für die Bildung einer Staubhülle in der Nähe des Sterns sind.

Anfang März begann die Helligkeit erneut anzusteigen und erreichte am 10.März mit 7.1mag ein neues Maximum. Das Spektrum erinnerte jetzt an einen M-Stern. In der zweiten Märzhälfte verfolgten mehrere Beobachter einen deutlichen Helligkeitsabstieg der U- und B-Helligkeiten, während die Lichtstärke in VRI etwa gleich blieb. Auch Wolfgang Quester konnte mit CCD-Aufnahmen die Farbindizes bestimmen und die anhaltende Rötung des Sterns verfolgen (Tabelle 1). Der Stern schied nun endgültig aus der Gruppe der Novae aus und erinnerte eher an Sterne wie FG Sge, bei denen auch eine Hülle mit ausgestoßenem Material zu sehen ist.

Am 27.März gelang Arne A. Henden der Nachweis einer Hülle mit einem Durchmesser von 27 Bogensekunden um V838 Mon (Abb. 1). V.P.Goranskij vom Sternberg Institute in Rußland wies auf starke Ähnlichkeiten im Spektrum von V838 Mon und von der Nova 1988 (V1006/7) in M31 hin. Dieser Stern war sowohl als Nova als auch als Lc-Stern eingestuft und sogar irrtümlich doppelt in den GCVS aufgenommen worden.

Datum

V

B-V

V-I

B

Ic

R

Quelle

2002/01/14

9,80

1,83

1,80

11,63

8,00

8,89

I 7796

2002/01/15

9,85

1,88

1,83

11,73

8,02

8,94

2002/01/17

9,96

1,90

1,90

11,86

8,06

8,99

2002/02/01

10,71

2,08

2,08

12,79

8,63

9,65

I 7822

2002/02/02

8,19

1,42

1,53

9,61

6,66

7,44

2002/02/03

8,02

1,40

1,54

9,42

6,48

7,23

2002/03/03

7,83

1,49

2,02

9,32

5,81

QW

2002/03/04

7,79

1,39

1,75

9,18

6,04

2002/03/05

7,53

1,50

1,93

9,03

5,60

2002/03/08

7,33

1,49

1,96

8,82

5,37

2002/03/10

7,46

1,58

1,89

9,04

5,57

2002/03/13

7,52

1,67

1,95

9,19

5,57

2002/03/26

7,84

1,95

2,29

9,79

5,55

2002/03/27

7,83

2,02

2,27

9,85

5,56

2002/03/28

7,89

2,01

2,26

9,90

5,63

2002/03/29

7,91

2,02

2,25

9,93

5,66

2002/04/01

7,97

2,13

2,39

10,10

5,58

Tab. 1: Die Rötung von V838 Mon ließ sich im März in B-V und V-I verfolgen. Die Daten stammen von Wolfgang Quester und aus IAUCs.

Bis Ende März beobachteten die folgenden BAV Mitglieder den Helligkeitsverlauf von V838 Mon (siehe Abb. 2): Peter Enskonatus (11), Alfred Holbe (3), Andreas Kammerer (6), Andreas Krawitz (32), Günther Krisch (17), Wolfgang Kriebel (21), Thorsten Lange (32), Harald Marx (2), Wolfgang Quester (10), Dieter Suessmann (2), und Frank Vohla (6).

Abb. 1: Eine 27 Bogensekunden große Hülle um V838 Mon am 27.März. Aufgenommen von Arne A. Hendon (USA) mit 10 Sekunden Belichtungszeit durch einen B-Filter mit einem 1.0 Meter Teleskop. Das Originalbild liegt im Internet unter ftp:///ftp.nofs.navy.mil/pub/outgoing/aah/temp/020327.jpg


Abb. 2: Beobachtungen des Helligkeitsverlaufs von V838 Mon durch die im Text aufgeführten BAV Mitglieder.

V2540 Oph

Am 24.Januar entdeckte Katsumi Haseda (Aichi, Japan) etwa ein Grad südlich von Xi Oph einen neuen Stern, der eine Helligkeit von 9.0mag zeigte und auf alten Aufnahmen Hasedas, die bis ins Jahr 1997 zurückreichen, nie heller als 13mag war. Aufgrund weiterer Aufnahmen muß sich die Nova am oder kurz vor dem 19.Januar ereignet haben. Die Spektren zeigen eine klassische Nova mit starken Eisenlinien.

Der Helligkeitsverlauf (Abb. 3) führte bisher über vier Maxima von 8.4, 8.5, 8.8mag und 8.8mag am 1. und 13.Februar sowie am 9. und 31.März. Aufgrund der ungünstigen Lage am Morgenhimmel gab es durch BAV Mitglieder nur dreizehn Beobachtungen: Enskonatus (2), Kriebel (6) und Vohla (5).

Abb. 3: Lichtkurve der Nova 2002 Oph / V2540 Oph nach Beobachtungen aus dem VSNET.

SN 2002ap

Der Japaner Yoji Hirose entdeckte am 29.Januar diese Supernova in der bekannten Galaxie NGC 628 / M74 im Sternbild Fische. Zeigte sie bei der Entdeckung noch 14.5mag, so stieg die Helligkeit innerhalb weniger Tage bis auf 13mag und erreichte am 10.Februar das Maximum von 12.5mag. Bis zum Ende der Beobachtungssaison Anfang März fiel die Helligkeit auf etwa 13.5mag ab.

Polarisationsmessungen lassen eine deutlich asymmetrische Geometrie in der Explosion vermuten. Die Spektren deuten auf eine Hypernova (SN Typ Ic) hin.

Obwohl die Supernova am Abendhimmel stand, gelangen nur Enskonatus (4), Kriebel (4) und Lange (2) positive visuelle Beobachtungen. Jörg Schirmer nahm mit einer CCD-Kamera die Galaxie zusammen mit dem neuen Stern auf (Abb. 4).

Abb. 4: SN 2002ap in M74, aufgenommen von Jörg Schirmer am Abend des 2.Februar 2002. Die Helligkeit betrug 13.0mag. Die Supernova ist durch den senkrechten Strich gekennzeichnet.

QZ Ser = HadV04

Patrick Schmeer beobachtete am 4.Februar den ersten Ausbruch seit der Entdeckung dieses Sterns durch Katsumi Haseda (Japan). Dieser hatte den Stern am 17.6.1998 auf einer Aufnahme mit 12.7mag gefunden, auf zahlreichen weiteren Fotos lag die Helligkeit unter 14.9mag. Als mögliche Zwergnova eingestuft, wurde QZ Ser nur durch sehr wenige Beobachter spärlich aufgesucht. Die Helligkeit erreichte bei dem aktuellen Ausbruch 11.8mag.

HT Cas

Beim Ausbruch dieser Zwergnova konnte Jochen Pietz eine deutliche Bedeckung mit einer Tiefe von 1.2mag verfolgen. Weitere Beobachter fanden keine periodischen Modulationen der Lichtkurve außerhalb der Bedeckungsphase. Der Ausbruch selbst dauerte ungewöhnlich lang für einen SU UMa-Stern. Während des Helligkeitsabstiegs konnten Buckel im Zusammenhang mit der Umlaufzeit des Doppelsternsystems gesehen werden, die HT Cas nur äußerst selten zeigt, und die vor allem nur selten direkt nach der Bedeckung auftreten, wie in diesem Fall.

Wegen der geringen Maximalhelligkeit von 13mag nahm in den letzten Jahren kein Beobachter der BAV an der Überwachung dieses Sterns teil.

GK Per

Bereits Ende Februar konnte dieser Stern leicht über seiner normalen Ruhehelligkeit gesehen werden. Mehrere Satelliten (RXTE, XMM, Chandra) warfen einen Blick auf die alte Nova von 1901 und bestätigten eine erhöhte Röntgenaktivität. Das Kyoto-Team konnte mehrere Perioden in unterschiedlichen Größenordnungen nachweisen (0.0525 Tage und ~0.006 Tage). Der Helligkeitsanstieg erfolgte von Mitte März bis Ende März relativ konstant mit 0.05mag pro Tag. Ende März verschwand die kurze Periode und wurde durch eine noch kürzere von 0.004 Tagen ersetzt.

Während des aktuellen Ausbruchs unternahmen Günther Krisch und Wolfgang Kriebel bis Ende März zwei bzw. elf Helligkeitsschätzungen. Der vorletzte Ausbruch von 1996 dauerte fast zwei Monate, so daß sich GK Per bei Erscheinen dieses Rundbriefs wohl gerade in der Abstiegsphase befinden wird. Dennoch sollte man einen Blick riskieren, da sich die nächste Gelegenheit erst wieder in drei bis vier Jahren beim nächsten Ausbruch bietet.

Abb. 5: Lichtkurve von GK Per, der Nova des Jahres 1901, aus allen in der Eruptivendatenbank der BAV gespeicherten Beobachtungen. Bei einer Grundhelligkeit von 13.0mag zeigt der Stern etwa alle 1200 Tage einen Ausbruch bis auf 10-11mag.

1RXP J113123+4322.5

Messungen des Kyoto-Teams während des Ausbruchs Anfang März ergaben klare Superbuckel mit einer Höhe von 0.3mag und bestätigten die Klassifizierung dieses Sterns als SU UMa-Typ. Die Superbuckelperiode konnte auch mit Hilfe von Jochen Pietz zu 0.06495(2) Tagen bestimmt werden. Sterne mit derartig kurzen Perioden zeigen in irrgulären Zeitabständen Ausbrüche mit besonders hohen Amplituden. In den Tagen vom 15. bis 16.März fiel die Helligkeit um 2mag und anschließend weiter mit einer Rate von 0.1mag pro Tag. Wolfgang Kriebel gelangen drei positive Beobachtungen des Sterns im Bereich von 13mag.

Thorsten Lange, Bovenden

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